Fördern auf jedem Kompetenzniveau – von Defizit bis Hochbegabung
Schüler, die alle Leistungsanforderungen erfüllen und sich nur auf die fachlichen Inhalte ihrer schulischen Ausbildung konzentrieren, mögen für manche Idealbilder sein, sicher sind sie aber Illusionen. Wir wollen vielmehr eine Einheit in Vielfalt leben und uns den Schülerinnen und Schülern in ihrer Eigenart annehmen. Wir glauben, dass jeder auf seine Art unsere (Schul-)Gemeinschaft wachsen lässt und wir gerade deshalb gut zusammen leben können.
Doch dies ist nur möglich, wenn wir die Schülerinnen und Schüler nicht sich selbst überlassen. Sie wachsen nur, wenn wir sie fordern und fördern, jeden auf seine Art, vor dem Hintergrund einer modernen Bildung. Frei nach Maria Montessoris Ausspruch:
„Der Weg, auf dem die Schwachen sich stärken, ist der gleiche wie der, auf dem die Starken sich vervollkommnen.“
Unser Förderkonzept fußt deshalb auf drei Säulen:
1. Förderung spezifischer Begabungen: Stärken stärken
Im Schulgesetz NRW heißt es in § 2 (11):„Besonders begabte Schülerinnen und Schüler werden durch Beratung und ergänzende Bildungsangebote in ihrer Entwicklung gefördert.“ Die Notwendigkeit für ein Konzept zur Begabungsförderung ergibt sich einerseits aus den Vorgaben des Schulgesetzes, welches die individuelle Förderung von hochbegabten Schülern vorschreibt. Andererseits soll dieses Konzept den Bedürfnissen jener ca. 3% aller Schüler entgegenkommen, die statistisch gesehen als hochbegabt, sowie den ca. 10%, die als besonders begabt gelten.
Unser Konzept zur Begabungsförderung verstehen wir als Beitrag dazu, den Bildungsanspruch an uns als Schule in einem erhöhten Grade nachzukommen. Das Angebot richtet sich dabei grundsätzlich an alle unsere Schülerinnen und Schüler, denn wir sehen unseren Auftrag als Schule darin, jedes Kind nach seinen individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Begabungen zu fördern. Hierbei gehen wir von einer großen Auffächerung möglicher Begabungen aus und beziehen uns auf das Münchner Modell (s.u.: intellektuelle, musisch- oder künstlerisch-kreative, soziale oder psychomotorische Begabungen). Besondere Schülerbegabungen gibt es auf vielen Gebieten mit zahlreichen Fähigkeiten; sie alle sind förderungswürdig. Daher ist es wichtig, zunächst einmal die Begabungen der Schülerinnen und Schüler zu erkennen. Des Weiteren deuten wir den Begabungsbegriff dynamisch, d.h., dass wir von einer sich ändernden, entwicklungsfähigen Begabung ausgehen, die gezielt gefördert werden kann. Begabung heißt nicht immer auch gleich Leistung, denn viele Faktoren sind dafür von Bedeutung, dass Begabung in Leistung umgewandelt werden kann. Deshalb ist es uns wichtig, dass Underachiever, die nicht durch gute Noten auffallen, bei uns Möglichkeiten geboten bekommen, durch die Projekte gefördert zu werden.
Abb: Münchner Hochbegabungsmodell nach Heller
Das Gymnasium Norf hat sich für ein individuelles Konzept zur Begabungsförderung entschieden. Dies bedeutet, dass besonders begabte Schülerinnen und Schüler nicht in festen Gruppen/Klassen zusammengeführt werden, sondern in ihren Lerngruppen integriert bleiben und jeder Schüler für sich eine individuelle Förderung empfängt. Als Hauptziele setzen wir uns die Förderung von Interessen, von Neigungen, der Motivation und auch einen Gewinn durch den zusätzlichen Lernstoff. Der Grundbaustein unseres Konzeptes ist das Drehtürmodell, welches durch zahlreiche Komponenten (Enrichment) ergänzt wird. Das individuelle Springen (Akzeleration) bleibt davon unbenommen. Für die Förderung spezieller Begabungen und die Unterstützung hochbegabter Kinder hält das Gymnasium Norf daher ein aufeinander abgestimmtes Programm an Kursen und individuellen Lernmaßnahmen über alle Jahrgangsstufen hinweg bereit, deren Teilnahme mit einem Zeugnisvermerk dokumentiert wird:
Die Eltern bereits hochbegabt getesteter Schülerinnen und Schüler können darauf schon bei der Anmeldung hinweisen. So können die Kinder direkt, z.B. durch die Teilnahme an Wettbewerben oder durch selbstgesteuertes Lernen im Drehtürmodell in der Jahrgangsstufe 5, an bestehende Förderungen aus der Grundschulzeit anknüpfen. Beide hier genannten Angebote stehen selbstverständlich den Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen zur Verfügung.
Kinder, deren Begabung oder Inselbegabung in einem Bereich noch nicht erkannt wurde, können am Gymnasium Norf mit Hilfe eines Screenings identifiziert werden, u.a. durch:
- intensive Beobachtung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht
- Klassenkonferenzen (in der Erprobungsstufe z.T. mit den ehemaligen Grundschullehrkräften zusammen)
- Gespräche mit den Lehrkräften über leistungsfähige Schülerinnen und Schüler
- Filtern während der (Halbjahres-)Zeugniskonferenzen (besonders in den Jahrgangsstufen der Mittelstufe)
- Gespräche mit Eltern guter und sehr guter Schülerinnen und Schüler (z.B. am Elternsprechtag)
- standardisierte Diagnoseverfahren in Deutsch und Mathematik
- Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an AGs und Ergebnisse von Wettbewerben
- Ergebnis eines (schul-)psychologischen Tests
Die so erfassten Schülerinnen und Schüler können dann ebenfalls an den oben genannten Maßnahmen teilhaben. Dabei sind die einzelnen Kriterien nicht additiv zu verstehen, so dass die Schülerinnen und Schüler über mehrere Zugänge (nicht nur Testergebnisse) in die Fördermaßnahmen aufgenommen werden können. Ergänzend bieten wir ab der Jahrgangsstufe 6 (unter G9 zukünftig wieder ab Jahrgangsstufe 7) für sprachbegabte Kinder die Teilnahme am Doppellernermodell an. Die Kinder erlernen dabei die zur Wahl stehenden 2. Fremdsprachen gleichzeitig, Latein und Französisch bzw. Englisch und Französisch für die Latein-/Profilklassen.
Vor allem ab der Jahrgangsstufe 7 bieten wir Modelle der Akzeleration und der Teilakzeleration, also der „Beschleunigung“ an. Hierbei nehmen Schülerinnen und Schüler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten in einzelnen Fächern stundenweise am Unterricht höherer Jahrgangsstufen teil. Auch das klassische „Überspringen“ einer Jahrgangsstufe ist möglich.
In den Jahrgangsstufen 8, 9 (und ab G9 in Jahrgangsstufe 9 und 10) bieten wir anschließend neben dem breitgefächerten, in fächerübergreifenden Kursangeboten aufgestellten Wahlpflichtbereich einen speziellen, diese beiden Jahrgangsstufen übergreifenden Begabungsförderkurs an. Ferner gibt es in diesen Jahrgangsstufen eine intensive Betreuung von Vorhaben aus dem Bereich „Jugend forscht“, aus dem schon einige Regionalpreisträger hervorgegangen sind.
Ab der Einführungsphase in die Oberstufe bieten wir Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit an, Kurse an kooperierenden Hochschulen im Rahmen der „Schüler-Uni“ zu besuchen. Ferner können die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe am einmal monatlich stattfindenden Naturwissenschaftlichen Kolloquium in unserem Hause teilnehmen und dadurch ein ZDI-Zertifikat erwerben, dass ihnen Expertise im MINT-Bereich bescheinigt. In der Qualifikationsphase schließlich bieten wir zudem noch Projektkurse an, die die Schülerinnen und Schüler im Projektmanagement schulen.
Wettbewerbe
Seit vielen Jahren besteht am Gymnasium Norf eine Kultur zur Teilnahme an Wettbewerben. Dabei sind insbesondere die jährlich durchgeführten Wettbewerbe in Mathematik, Englisch und Erdkunde zu nennen, bei denen jedes Jahr jeweils weit über hundert Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Aber auch viele Wettbewerbe in anderen Fächern wie beispielsweise Informatik, Biologie, Russisch oder Geschichte werden regelmäßig in den einzelnen Jahrgangsstufen zur Teilnahme angeboten.
Drehtürmodell
Wir verstehen unter dem Drehtürmodell nach Renzulli die Möglichkeit für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, den eigentlichen Klassenunterricht für eine zuvor definierte Zeit zeitweise zu verlassen, um in dieser Zeit an einem selbstgewählten Projekt zu arbeiten, bei dem ein Produkt entstehen und präsentiert werden soll. Dabei entscheidet der/die an dem Modell teilnehmende Schüler/-in, ob er/sie in einer Unterrichtsphase mit Wiederholungen stattdessen den Unterricht verlässt, oder nicht. Das selbständige Nacharbeiten des verpassten Stoffes stellt bereits eine gewünschte Herausforderung für die Schülerinnen und Schüler dar. Begleitend gibt es während der Teilnahme am Modell immer wieder rückkoppelnde Gespräche mit einem Mentor bzw. der Koordination für Begabungsförderung, um den Entwicklungsprozess zu begleiten und weiter zu fördern. Die Drehtürprojekte können auch zu zweit bearbeitet werden. Die Motivation, sich mit etwas für einen selbst Neues zu beschäftigen und die Auseinandersetzung mit neuen Inhalten und Methoden, kann zu großen Leistungen führen, die wiederum eine neue Motivation nach sich ziehen. Dieser Baustein der Begabungsförderung kann auch für Underachiever eine Möglichkeit sein, sich in ihrem Lernen weiter fortzubewegen und durch steigende Motivation und positive Rückmeldungen zu höheren Leistungen zu gelangen. Wir verstehen individualisiertes Lernen als Prozess, in dem zusätzliche Lerninhalte, individuelle Unterrichtsstrategien und verschiedene Unterrichtsmethoden für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich werden sollten. Dabei geht es ausdrücklich nicht nur um ein individuelles Lerntempo, sondern auch um verschiedene Anspruchsniveaus, den Grad der Selbständigkeit und ein Unterricht mit zunehmendem Projektcharakter. Somit eignet sich diese Denkweise nicht nur zur Begabungsförderung, sondern auch zur stärkeren Individualisierung, bei der nicht alle den höchsten Level erreichen müssen. So können Stärken individuell entfaltet werden.
Doppellernermodell
Diejenigen, die im Unterricht der Stufe 5 konstant sehr gute Leistungen und ein hervorragendes Lern- und Arbeitsverhalten zeigen, die eine außergewöhnliche Begabung in einem oder mehreren Fächern besitzen oder bei denen Hinweise auf Hochbegabung vorliegen, können für diese Sonderform des Drehtürmodells vorgeschlagen werden.
Die Bezeichnung Doppellernermodell steht für das Konzept, dass die talentierten Kinder in einzelnen Schulstunden den planmäßigen Unterricht (hier: das Referenzfach) verlassen und ein zusätzliches Fach belegen. Wir in Norf bieten die Möglichkeit an, neben dem gewählten Französischunterricht zusätzlich in der Parallelklasse gleichzeitig am Lateinunterricht teilzunehmen (bzw. den Lateinschülern der a-Klasse: Englisch und Französisch). So werden zwei Sprachen in der selben Zeit gelernt, in der die Mitschüler eine Sprache lernen. Dies fordert einen erhöhten Arbeits- und Lernaufwand und eine gute Organisationsfähigkeit von den ausgewählten Schülerinnen und Schülern. Die beteiligten Fachschaften haben den Austausch diesbezüglich verankert und Regelungen zum Modell untereinander getroffen.
Akzeleration
Darunter versteht man das klassische „Überspringen“ einer kompletten Jahrgangsstufe in eine höhere Klasse auf Grund von durchgehend sehr guten Leistungen eines Schülers bzw. einer Schülerin, der bzw. die in der bisherigen Jahrgangsstufe nicht mehr adäquat gefordert werden konnte. Aber auch eine Teilakzeleration ist möglich, wenn eine besondere Begabung in einem Fach besteht und dort überdurchschnittliche Leistungen erbracht werden. Dann können diese Schülerinnen und Schüler in diesem Fach am Unterricht der Stufe darüber teilnehmen, um kognitiv gefordert zu werden und neue Inhalte des Faches zu erfahren und zu erleben.
Begabungsförderkurs
Der Begabungsförderkurs ist für besonders motivierte und überdurchschnittlich leistungsbereite Schülerinnen und Schüler aus den Stufen 8 oder 9 geöffnet (zukünftig auch für die Klasse 10 bei G9), die ein sehr reges Interesse an der weiteren Förderung ihrer Fähigkeiten haben. Dieser einstündige Projektkurs zur „Begabungsförderung“ wird im Teamteaching betreut.
Das Projektziel wird ähnlich einer Facharbeit in Absprache mit den Leitern von den Teilnehmern im Rahmen einer Projektarbeit selbstbestimmt festgelegt. Das angestrebte Produkt soll der Schulöffentlichkeit vorgestellt werden. Der Kurs liegt innerhalb des normalen Stundenplanes, d.h. die Teilnehmer verlassen dafür den regulären Unterricht und müssen den Stoff selbständig nacharbeiten. Welcher Unterricht dafür entfällt, ist von Schüler zu Schüler unterschiedlich, da der Kurs klassen- und jahrgangsstufenübergreifend für die Jahrgänge 8, 9 und demnächst 10 eingerichtet wird. Daher können nur außergewöhnlich talentierte Schülerinnen und Schüler teilnehmen und die Teilnahme bedingt neben der elterlichen Zustimmung auch die des Klassenlehrers und des Fachlehrers, bei dem der Unterricht ausfällt. Die Teilnahme wird zunächst immer für ein Halbjahr gewährt und auf der folgenden Zeugniskonferenz schlagen die unterrichtenden Lehrer in jeder Klasse Schülerinnen und Schüler vor, die dann im Folgehalbjahr an dem Kurs teilnehmen können. Dann müssen erneut die Unterschriften von Eltern, Klassenlehrer und dem Fachlehrer, an dessen Unterricht nicht teilgenommen wird, beigebracht werden. Durch dieses halbjährliche Screening kann einerseits sichergestellt werden, dass die Leistungen einer teilnehmenden Schülerin bzw. eines Schülers durch die Teilnahme nicht schlechter werden und zum anderen können auch immer neue Schülerinnen und Schüler in den Kurs aufgenommen werden, auch zum Halbjahr.
Schüler-Uni
Für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe bieten Universitäten im Rahmen der Begabtenförderung die Möglichkeit in verschiedenen Fächern an, an ausgewählten Vorlesungen und Seminaren teilzunehmen. Dafür verlässt der Schüler für mehrere Stunden den Unterricht. Neben der Möglichkeit, so in ein „Studium auf Probe“ zu schnuppern, können die dort erreichten Leistungsnachweise bei einem späteren Studium angerechnet werden. Je nachdem, welches Fach von besonderem Interesse ist, können unsere Schülerinnen und Schüler, die dafür ein durchgehend gutes bzw. sehr gutes Leistungsbild haben müssen, Kurse an den Universitäten von Düsseldorf, Wuppertal oder Köln auswählen. Die Schüler-Uni beginnt i.d.R. immer nur zum Wintersemester (Oktober).
Naturwissenschaftliches Kolloquium
Als individuelle Fördermaßnahme in den Bereichen Biologie, Chemie und Medizin gibt es in Norf traditionell das „Naturwissenschaftliche Kolloquium“ in Kooperation mit dem zdi, das in jedem Schuljahr eine Vortragsreihe zu interessanten naturwissenschaftlichen Themen anbietet und für MINT-interessierte Schülerinnen und Schüler der Oberstufe offen ist (mittlerweile auch für Schülerinnen und Schüler anderer Schulen und für besonders begabte aus der Mittelstufe). Jeden Monat kommt ein Dozent aus Forschung, Wissenschaft, Wirtschaft oder Lehre in die Schule und hält einen Vortrag. Dabei werden Einblicke in spannende naturwissenschaftliche Phänomene außerhalb von Schule gegeben und ein Ausblick auf die Möglichkeiten und Chancen, die den Schülerinnen und Schülern die Naturwissenschaft nach der Schule bieten kann. Wenn alle Vorlesungen besucht wurden, erhält jeder Teilnehmende darüber ein zdi-Zertifikat.
Projektkurse in der Oberstufe
Seit mehreren Jahren gibt es erfolgreiche Projektkurse am Gymnasium Norf. Im fächerverbindenden Lernen wurden in Geschichte und Erdkunde und auch in Geschichte und Englisch Kurse angeboten, welche über zwei Halbjahre in zweistündigem Unterricht großangelegte Dokumentarfilme produzieren. Diese Kurse können eine Facharbeit ersetzen oder als besondere Lernleistung ins Abitur eingebracht werden. Vielfach gehen aus diesen Kursen Wettbewerbsbeiträge hervor, welche auch schon prämiert worden sind. Eigenverantwortliches, kooperatives und handlungsorientiertes Arbeiten im Team stehen im Fokus. Der schulische Rahmen wird sowohl während der Produktion, z.B. in Interviews mit Wissenschaftlern, Politikern und Personen aus Verwaltung und Wirtschaft, als auch insbesondere am Ende, bei den Abschlusspräsentationen im Kulturforum „Alte Post“ in Neuss verlassen.
Seit dem Schuljahr 2017/2018 ermöglicht ein weiterer Projektkurs den Erwerb einer Fitness-B-Lizenz. Hierfür ist das Gymnasium Norf eine neue Partnerschaft eingegangen mit dem IST Studieninstitut mit Sitz in Düsseldorf.
2. Ausgleich bestehender Defizite: Schwächen schwächen
Schülerinnen und Schüler brauchen Zeit zum Lernen und Zeit für sich. Deshalb hat das Gymnasium Norf schon vor dem Runden Tisch zu G8 umfangreiche Maßnahmen getroffen, um die Belastungen der Schülerinnen und Schüler zu reduzieren, ohne ihre effektive Lernzeit zu beschneiden. Sämtliche Beschlüsse des Runden Tisches hatten wir somit schon vor der Verabschiedung umgesetzt.
Wir bieten in allen Jahrgangsstufen der SI Möglichkeiten, um Schwächen, die vielleicht aus differierenden Inhalten des Grundschulunterrichts oder auch aus anderen Gründen resultieren, aufzufangen und in Stärken umzuwandeln. Beispielsweise gibt es in der Unterstufe Förderkurse für die Fächer Mathematik, Englisch und Deutsch, um Wissensstände anzugleichen und auf ein höheres Niveau zu bringen. Dabei ist der Austausch und die enge Zusammenarbeit mit den Grundschullehrern besonders wichtig; nicht nur Inhalte der Lehrpläne im Übergang von Grundschule zu Gymnasium werden abgeglichen, sondern auch Informationen zum Lernen einzelner Schüler können ausgetauscht und zum Vorteil der Schülerinnen und Schüler genutzt werden.
Beispielhaft wird hier die Förderung in Mathematik in Stufe 5 dargestellt (in den anderen beiden Fächern verläuft sie analog):
Das Gymnasium Norf bietet in der Jahrgangsstufe 5 einmal pro Woche eine klassenübergreifende Förderstunde im Fach Mathematik an. Gefördert werden Schülerinnen und Schüler, die gefördert aber auch gefordert werden sollen. Der Fachlehrer trifft eine Auswahl darüber, welcher Schüler gefördert werden soll und gibt diese Information, mit Nennung der vorgesehenen Förderinhalte mithilfe eines Formblattes „Dokumentationsbogen Individuelle Förderung Mathematik“ an den Förderlehrer weiter. Ist die Fördermaßnahme nach einem Zeitraum von ca. 6 Wochen beendet, werden neue Schülerinnen und Schüler für die Förderung bestimmt. Im Sekretariat wird der Dokumentationsbogen archiviert und der Zeitraum der Fördermaßnahme in Schild eingetragen. Die Erziehungsberechtigten werden schriftlich über den Beginn und das Ende der Fördermaßnahme in Kenntnis gesetzt.
Dieses Förderkonzept verfolgen wir auch in Stufe 8 – ebenfalls für die Fächer Mathematik, Englisch und Deutsch. Die NRW-weiten Lernstandserhebungen werden bei uns jährlich zusätzlich intern evaluiert, so dass schon zum Schuljahresende in der Jahrgangsstufe 8 bei Bedarf in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik in den einzelnen Klassen gezielt entsprechende Förderstunden eingerichtet werden können. Auch werden die nach der Zulassung der Jahrgangsstufe Q2 frei werdenden Lehrerstunden für individuelle Fördermaßnahmen eingesetzt.
Gerade in der Unterstufe ist es wichtig, schnellstmöglich auftretende Schwächen im Sinne des Schülers zu erkennen und zu beheben. Darum erstellen wir Diagnosen in Bezug auf LRS (= Lese-Rechtschreib-Schwäche) und Dyskalkulie. Kinder die hier Schwächen zeigen, erhalten einen Platz in der Fördergruppe LRS bzw. ein individuelles Förderprogramm in Mathematik. Für die Zusammenstellung der LRS-Gruppe wird wie folgt vorgegangen:
Bei jedem Kind der Jahrgangsstufe 5 wird dazu eine Diagnose vorgenommen. Diese Diagnose wird wahlweise/fallweise entweder in Form der HSP (= Hamburger Schreibprobe), einem allgemein anerkannten Diagnoseinstrument für eine LRS, oder (bevorzugt) mit Material des Instituts für Legastheniker-Therapie von den jeweiligen Deutschlehrerinnen und -lehrern in einer Unterrichtsstunde durchgeführt. Die Erziehungsberechtigten der Kinder, bei denen eine LRS nachgewiesen werden konnte, werden darüber schriftlich informiert. Ihr Kind erhält das Angebot, an dem LRS-Förderkurs teilzunehmen. Da niemand gezwungen werden kann (und soll), dort hinzukommen, werden die Erziehungsberechtigten dazu aufgefordert, ihr Kind schriftlich anzumelden. Damit ist die Teilnahme verpflichtend. Liegen die verbindlichen Anmeldungen vor, kann festgelegt werden, wie viele Kurse eingerichtet werden müssen. Ein Kurs soll die Größe von zehn Teilnehmer(innen) nicht überschreiten und hat einen Umfang von einer Wochenstunde. Die Arbeit selbst orientiert sich an dem Förderbedarf des einzelnen Kindes. U.a. gibt es (Frei-)Arbeitsmaterial, das einen optisch-graphomotorischen, einen akustisch-phonematischen oder einen kinästhetisch-artikulatorischen Schwerpunkt hat. Innerhalb dieser drei Schwerpunkte gibt es weitere Differenzierungen. Das Material wird dann je nach diagnostizierter Schwäche von dem Kind bearbeitet. Schüler, die bei dieser Diagnose extrem gut abschneiden werden entsprechend den bereits oben beschriebenen Maßnahmen gefördert. Mehrfach sind durch diese Diagnosen Begabungen von Schülerinnen und Schülern in der Stufe 5 erst aufgedeckt worden, die in der Grundschule nur als „gute Schüler“ galten und dann bei uns gezielt gefordert werden konnten.
Im Bereich „Lesen“ gibt es das zusätzliche Projekt der „Lesementoren“ in der Erprobungsstufe: Einmal pro Woche erhalten Schülerinnen und Schüler, die noch Schwierigkeiten mit dem Text- und Leseverständnis haben, für eine Stunde das Förderangebot „Lesen“. Hierzu konnten in Kooperation mit der Werhahn-Stiftung sogenannte Lesementorinnen gewonnen werden, die nach einer erfolgreich abgeschlossenen sechsstündigen Schulung, ehrenamtlich zu uns in die Schule kommen und mit den Kindern in einer 1:1 Betreuung eine Stunde lesen. Durch dieses regelmäßige Angebot können sprachliche Fähigkeiten, die Sozialkompetenz und das Selbstvertrauen der Kinder gestärkt werden.
Ergibt sich durch die Diagnosen im Fach Mathematik eine Dyskalkulie-Schwäche, so wird ähnlich wie gerade im Fach Deutsch beschrieben damit umgegangen: Schüler der Klasse 5 mit auffallend schlechten Leistungen im Fach Mathematik, die aber in den anderen Fächern gute Leistungen erbringen, werden von den Mathelehrern einer koordinierenden Mathematik-Lehrkraft gemeldet. Die Eltern werden dann um Erlaubnis gefragt, ob diese Koordinatorin einen ca. 20 minütigen Test (auf der Grundlage der gängigen Fachliteratur zusammengestellt) im Beisein des Fachlehrers durchführen darf, der einen ersten Eindruck über eine mögliche Rechenschwäche geben kann. Nach Auswertung des Tests von der Koordinatorin gemeinsam mit der Fachlehrkraft, werden die Eltern dann vom Fachlehrer beraten. Bei einem Verdacht raten wir zu einem offiziellen Test eines anerkannten Institutes. Zeigt der Test keine Auffälligkeiten, beraten die Fachlehrkraft und die Koordinatorin über interne Fördermaßnahmen und -möglichkeiten.
Das tutorielle Konzept des „Schüler helfen Schülern“-Projektes ist vor mehr als zehn Jahren für Schülerinnen und Schüler der Stufen 6-8 entwickelt worden. Dabei werden sogenannte Übungsgruppen eingerichtet, die sich aus drei bis vier Schülerinnen oder Schülern zusammensetzen und die gemeinsam unter Anleitung eines geeigneten älteren Schülers / einer geeigneten Schülerin der Jahrgangsstufen 9 bis Q2 üben und lernen wollen. Wir bieten Gruppen in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch und Latein an. Die Gruppen treffen sich einmal pro Woche über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen pro Halbjahr. In dieser Zeit wird gemeinsam am aktuellen Unterrichtsstoff des jeweiligen Faches gearbeitet. Im Vordergrund steht das gemeinsame vertiefende Wiederholen und Üben. Es ist zu beachten, dass die Übungsgruppen nicht als alleinige Maßnahme zum Schließen größerer Wissenslücken sinnvoll sind, es aber sehr hilfreich ist, um Schwächen zu schwächen.
Vertiefungsfächer in der SII
Der Vertiefungsunterricht in der Oberstufe in den Kernfächern fördert die Schülerinnen und Schüler je nach Wahlentscheidung der Schülerinnen und Schüler auf allen Leistungsniveaus. Sie sind insbesondere auf eine individuelle Förderung ausgerichtet. Im Fach Mathematik beispielsweise bekommen die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit mit vorgefertigten Modulen ihr Wissen aus der Sekundarstufe I zu wiederholen. Zudem wird aktueller Unterrichtsstoff bei Bedarf individuell vertieft, indem zusätzliche Materialien bereitgestellt werden. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler können bei Interesse Themen außerhalb des Lehrplans kennenlernen und erarbeiten. Der Vertiefungsunterricht wird durch sinnvolle Nutzung von Medien (z.B. Online-Lernprogramme und -videos) ergänzt. Die Teilnahme am Vertiefungsunterricht wird nicht bewertet, so dass die Schülerinnen und Schüler in einer „entspannten“ Atmosphäre lernen können und kein Benotungsaspekt mitschwingt.
3. Entdecken eigener Fähigkeiten und die Ausbildung von Fertigkeiten: Interessen wecken
Schulentwicklungsziele in diesem Bereich
- Verbesserung der individuellen Förderung von Begabungen und Interessen und Abbau von Schwächen durch den Einsatz digitaler Medien und die engmaschigere und nachhaltigere Dokumentation von Lernbeobachtungen mit Hilfe einer Klassenbuchsoftware (WebUntis)
- Verstärkter Einsatz von diagnostischen Instrumenten in den Hauptfächern zur passgenauen Verringerung von Coronalücken.