Neunzehn Uhr im Gymnasium Norf und kein Vorhang hebt sich. Die Premiere der Literaturkursaufführung von „Mord im Orient-Express“ nach Agatha Christie, der Grand Dame des subtilen britischen Suspense, beginnt vor einem blütenweißen Vorhang, auf dem in geschicktem Spiel von Licht und Schatten die Vorgeschichte der künftigen Passagiere des berühmten transeuropäischen Zuges inszeniert wird. Während die Hintergrundmusik dem Zuschauer das Flair von Istanbul vermittelt und der Spot auf sie gerichtet ist, hält Justine Los alias Hercule Poirot es wie ein erfahrener Theaterprofi aus, dass aller Aufmerksamkeit auf ihr liegt und ist die Ruhe selbst.

Als der Vorhang fällt, befinden wir uns mit einer bunten Schar Passagiere an Bord des Zuges, die alle in ihrer ganz spezifischen Unterschiedlichkeit wunderbar von den Literaturkursteilnehmerinnen und Teilnehmern verkörpert werden. Sei es der überzeugend unsympathische Samuel Ratchett alias Cameron Panfilo Meza, dem nichts anderes blühen kann als das Opfer der zu erwartenden heimtückischen Mordtat zu werden, die in ihrer Gläubigkeit überaus glaubwürdige Greta Ohlsson alias Fine Keul, die empörte Amerikanerin Caroline Hubbard alias Saskia Stieler, die gerne mal die Lacher auf ihrer Seite hat, oder die in ihrer Rolle aufgehende Zofe Hildegard Schmidt alias Anna Crefeld. Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus die Mitwirkung von Austauschstudent Yuan-Yen Chang in der Rolle des Graf Andrenyi. Sie alle und ihre Mitstreiter schaffen es textsicher und überzeugend, eine zufällige Gruppe von Passagieren darzustellen, deren verschwörerische Gemeinschaft sich erst durch die akribische Arbeit des belgischen Meisterdetektivs offenbart.

Die häufigen Szenenwechsel zwischen Speise- und Schlafwagen gelingen dem Ensemble durch ein sich stets wiederholendes Umräumen weniger Requisitenelemente in so effizienter Form, dass die Illusion der unterschiedlichen Räume schnell geschaffen ist. Wie in einem Bienenstock weiß jeder Darsteller hier genau, wo er anpacken muss, so dass die Wechsel fliegend sind und keine langen Pausen entstehen. Unterstützend wirkt hier besonders das Technikteam, das Licht und Musik neunzig Minuten lang ganz im Griff hat.

So gelingt es dem Literaturkurs unter der Leitung von Clemens Noll, mit seiner Aufführung, die alle Mühen lohnte, einen „Höhepunkt des Schuljahres“ zu setzen, wie Schulleiter Stefan Kremer in seiner Laudatio betont. Wer sich davon überzeugen lassen will, dass der Stoff mehrerer Verfilmungen durchaus schulbühnenreif ist, hat heute und morgen noch die Gelegenheit, um 19.00h in unserem PZ eine weitere Aufführung des Stückes zu besuchen.

Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr, Pädagogisches Zentrum, Gymnasium Norf

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Fotos: Guido Stein

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